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Der einfache Weg zur Vision

Skizzen sind ein guter Weg, dem Kunden Ideen plastisch zu vermitteln. Am einfachsten geht das auf der Basis von Bestandsfotos. Nachdem Fernplaner Carsten Iwan uns im vorletzten Heft erklärt hat, wie man Gartenideen im Modell visualisiert (dega3391), zeigt er hier, wie sich Kunden zeichnerisch auf Fotobasis begeistern lassen.

Text und Bilder: Carsten Iwan, Leipzig

Wir alle stellen uns doch die Frage: „Was begeistert meine Kunden?“ Wenn wir zu oft von Qualität, Pflegeleichtigkeit und Preis sprechen, dann bieten wir wenige Ecken und Kanten und unterscheiden uns nur wenig vom Mainstream. Aber gerade darum muss es gehen, wenn am Ende ein vernünftiger Preis und eine vernünftige Wertschöpfung rausspringen sollen. Begeisterung wirkt wertsteigernd.
Wie kann ich aber aus einer Position des „Wunschaufnehmers“, also des Zuhörers, herauskommen und stärker meine eigenen Ideen und Empfindungen zu diesem Stück Garten ausdrücken? Eine Möglichkeit ist, sich gemeinsam mit dem Kunden an einen Tisch zu setzen und die Ideen und Erwartungen an den zukünftigen Garten zu skizzieren.
So wird aus einer (meist kostenlosen) Gartenberatung schnell eine Ideenwerkstatt. Manche meiner Kursteilnehmer sagen, sie könnten nicht zeichnen. Ich denke, dass hinter dem Satz „ich kann nicht zeichnen“ die Erwartung an einen bestimmten Stil steht, den man erreichen möchte. Solche Erwartungen sind Kreativitätsblocker. Niemand behauptet, er könne nicht schreiben, nur weil seine Handschrift nicht wie aus dem Bilderbuch ist. Buchstaben sind Symbole, Worte fassen diese Symbole zusammen und viele Worte ergeben einen Text.
Genauso funktionieren Zeichnungen. Sie bestehen auch aus Symbolen. Die Aufgabe des Zeichners ist es, sich ein persönliches Vokabular anzulegen und die Symbole eindeutig zu gruppieren. Mehr nicht. Ob die Figur im Bild oben ein Lolli ist oder ein Baum, entscheidet der Zusammenhang, in dem das Symbol platziert wird.

Die Hand denkt

Es geht also im Wesentlichen um die Abstraktion. Ein Baum kann aus 25 846 Blättern bestehen oder eben nur aus einem Kreis und einem Stiel. So funktioniert das auch mit anderen Gegenständen. Reduzieren wir also die einzelnen Elemente und bringen sie in den richtigen Zusammenhang. Der Strich, die Strichstärke und die Farben – all das ist Ihr persönlicher Stil, der sich mit der Zeit entwickeln und variieren lässt.
Wenn ich heute detaillierte Perspektiven zeichne, dann brauche ich zwei bis vier störungsfreie Stunden. Die kann ich mir als externer (und damit bezahlter) Zeichner nehmen, aber zu meiner Zeit im Baubetrieb gab es diese störungsfreie Zeit nicht. Im Alltag erreichen wir Geschwindigkeit nur über Abstraktion und den Mut zur Lücke. Nicht das Detail entscheidet, sondern das Konzept (aus dem sich die Details zwangsläufig ergeben sollten) und entscheidend ist vor allem, dass der Kunde am Ende das Gefühl hat, richtig verstanden worden zu sein.
Wenn wir über Ideenskizzen sprechen, dann streben wir keine perfekten Pläne an. Was unsere Kunden im Akquiseprozess anerkennen, ist die Tatsache, dass sich da jemand Zeit nimmt, Ideen spontan und von Hand aufzuzeichnen. Eine Handzeichnung, insbesondere die Perspektive, begeistert, eine lockere Skizze lässt immer wieder Raum für eine Weiterentwicklung und ist ein gute Gesprächsgrundlage und Entscheidungshilfe – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Gute Fotos – Passende Zeichnung

Eine Einpunktperspektive, wie in Bild 3 gezeigt, ist die einfachste Art, ein dreidimensionales Bild zu zeichnen, weil wir nur einen Fluchtpunkt haben. Wir stehen im Grunde parallel zum Gebäude. Entweder haben wir es frontal vor uns oder an der Seite. Achten Sie beim Fotografieren darauf, dass sie möglichst alle Kanten des Gebäudes auf dem Foto haben. Alle parallelen Linien treffen sich im Fluchtpunkt; daher ist es gut, so viele Kanten wie möglich zur Verfügung zu haben.
Bei der Zweipunktperspektive wie in Bild 4 auf S. 57 stehen Sie etwa im 45°-Winkel zum Objekt. Dieser Sichtwinkel wirkt immer dynamischer, ist aber in der Konstruktion aufwendiger.
Fotografieren Sie vom Garten zum Haus und zeichnen Sie die Perspektive von diesem Standpunkt aus, sieht der Kunde, wie der neue Garten das Haus in einem „noch helleren Licht“ erscheinen lässt. Gerade wenn es um architektonische Gärten geht oder um das Thema Wohngarten, der sich aus dem Gebäude heraus entwickelt, kann dieser Blick vorteilhafter sein.
Wenn Sie vom Haus in den Garten fotografieren, fehlen einige Linien, die uns zum Fluchtpunkt führen. Schauen Sie auf den Gartenzaun, angrenzende Gebäude oder die Fugen vom Terrassenbelag. Zur Not muss man ein oder zwei Zollstöcke in den Rasen legen, die parallel ausgerichtet sind und später helfen, die Fluchtpunkte zu finden.
Meine Lieblingsbilder aber sind die aus der „Geier-Sturzflug-Perspektive“ (siehe oben). In diesem Beispiel habe ich über ein Drohnenfoto gezeichnet. Hier haben wir keinen Lageplan erstellt, sondern die besprochen Punkte gleich in das Bild eingezeichnet.
Damit Sie nicht nur auf Transparentpapier zeichnen müssen, kann ich einen Leuchttisch empfehlen. Damit wird das Foto so durchleuchtet, dass Sie über das Bild fast jedes Papier zum Durchzeichnen legen können.

Ideen präsentieren auch ohne Planungsauftrag

Viele Kollegen verwenden Fotos, um Ihre Ideen zu zeigen. Das ist auf jeden Fall schon viel wert, aber in Zeiten von Pinterest kann es auch schwierig sein, weil Kunden glauben, sie könnten sich ihre Gestaltungselemente schon selbst zusammenpuzzeln. Selber zeichnen hat den Vorteil, dass es die eigene Kreativität und Spontaneität zeigt. Setzen Sie sich mal in den Zug oder ein Café und fangen Sie an zu zeichnen. Neugierige Blicke, gesteigertes Interesse sind Ihnen sicher. Das beweisen auch die Erfahrungen, die die Firma Esken & Hindrichs mit der Speedplanung gemacht hat, wie sie in der letzten Ausgabe beschrieben wurden (siehe dega3389).
Die beiden folgenden Beispiele zeigen, dass man auch ohne großen Planungsauftrag die Ideen zur Gestaltung visualisieren kann. Im ersten Beispiel (Bilder oben) ging es um die Erweiterung einer Terrasse. Da wirkte der Neubau mit dem Rollrasen etwas kühl. In einem solchen Fall einen Planungsauftrag zu verkaufen ist sicher nicht einfach. Aber deshalb gleich auf die selbsterklärenden Bilder verzichten? Nein, dachte sich der Kollege und stellte dem Kunden die Ideen mit einer ins Foto montierten Zeichnung vor.
Im zweiten Beispiel (Bild 6) ging es darum, den Sichtschutz interessanter zu gestalten. Auch hier eignet sich die Perspektive ins Foto als schnelle und effektive Lösung. Wenn man dies nicht als Gratisleistung anbieten möchte, dann halten Sie ein paar Beispiele bereit, die Sie dem Kunden zeigen können, und verrechnen Sie einen Betrag für die wertvolle Visualisierung.
Man kann also entscheiden, ob man über ein Foto zeichnet oder in ein Foto die Zeichnung retuschiert (wie Bild 7). Im letzteren Fall arbeite ich mit Photoshop Elements. Die abgespeckte Version von Photoshop ist preiswert und erfüllt alle unsere Zwecke, wenn es darum geht, Pläne professionell zu layouten oder Skizzen in Fotos zu retuschieren (siehe auch Termintipp rechts). Diese Technik eignet sich auch für kleine Situationen wie Innenhöfe und Dachgärten, wo man mehr Haus konstruiert als Garten zeichnet.
Für große Gärten allerdings ziehe ich nach wie vor immer die freie Konstruktion vor (siehe dega2684). Wenn ich mein Bild selber konstruiere, habe ich mehr Kontrolle über die Komposition. Diese Freiheit nehme ich mir, denn meine Zeichnungen sind ja keine Ausführungspläne. Vielmehr sollen sie Vorfreude und Emotionen wecken. Daher Mut zur Lücke und zum flotten Strich!