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Traum Garten Raum

Bei der Gartengestaltung geben wir uns viel zu schnell mit einfachen, weil praktischen Lösungen zufrieden. Viel zu oft heißt es am Ende eines Planungsprozesses: Der Kunde hat es so gewollt. Das Ergebnis sind Gärten, die aus zusammenhanglosen Einzelelementen und -räumen bestehen. Dabei lässt sich mit einer gezielten Raumbildung die Aufenthaltsqualität deutlich erhöhen. Und ganz nebenbei liefert sie leicht nachvollziehbare Argumente, die die Akquise erleichtern.

Text und Bilder: Carsten Iwan, Wolkersdorf/A

Räume sind einfach und schnell gebildet. Aber genau hier liegt das Problem: Die einfache und schnelle Lösung ist selten die Beste. Die Möglichkeiten über Raumbildung die Qualität für Aufenthalt und Erlebnis zu erhöhen, bleiben dabei meist unentdeckt. Aber welchen Sinn hat es überhaupt, an dieser Stelle mehr Aufwand als nötig zu betreiben? Sprechen wir zunächst einmal nicht über Aufwand, sondern über Ertrag. Mit anderen Worten: Wer Planungskompetenz vermitteln kann, wird mehr Aufträge akquirieren und eine anspruchsvollere Kundschaft erreichen. Wer aber Planungskompetenz vermitteln will, braucht Kriterien für gute Gestaltung! Dabei sind Argumente, die logisch nachvollziehbar sind, natürlich stärker als eine rein subjektive Bauchargumentation. Genauso verhält es sich mit einem Planungsvorschlag: Je logischer die Argumentation ist, desto leichter fällt es dem Kunden ihr zu folgen und desto überzeugender und stärker ist sie letztendlich. Raumbildung ist nur eine von mehreren Kriterien oder Wegen, die stark persönlich eingefärbte Argumentation zu verlassen und gestalterische Vorschläge auf eine qualifizierte Grundlage zu stellen. Wie kann nun das Wissen um Raumbildung bei der Planung helfen? Raumbildung klingt nach Mauern und Wänden, nach etwas Statischem. Tatsächlich aber hat Raumbildung in erster Linie etwas mit Bewegung zu tun. Raumgrenzen lenken und verhindern Bewegung. Bevor eine Fläche also in sinnvolle Räume gegliedert werden kann, müssen die Bewegungslinien auf dieser Fläche analysiert werden. Die Piktogramme auf Seite 28 verdeutlichen das. In dieser Vorgartensituation wird über die Platzierung von Objekten die Bewegung gelenkt und schließlich ein schneller und ein stiller Raum geschaffen.
Ein weiteres Beispiel zeigt einen Gestaltungsvorschlag bei dem es darum ging, in einer schwierigen Durchgangssituation einen Aufenthaltsbereich zu schaffen (siehe Bilder 2 bis 5 auf Seite 29). Die Piktogramme zeigen wie Objekte platziert werden können und welche Räume sich daraus ergeben. Wie diese noch theoretischen Elemente schließlich gefüllt werden, hängt dann davon ab welche Atmosphäre oder welches Thema der Bauherr vorgegeben hat. Aber ob dies nun Rosen sind oder Wasserbecken ist erst mal zweitrangig. Mit der Bildung von Räumen reagiert der Planer auf das, was er vorfindet, auf die Vorgaben des Hochbaus. Wichtig ist, Haus und Freifläche als Einheit zu behandeln. Viel zu oft wird in Einzelelementen gedacht und nicht in Zusammenhängen. Das hat zur Folge, dass viele Gärten voll von Einzelelementen sind, die wie Perlen auf einer Schnur aneinandergereiht werden: Terrasse vor Wohnzimmer, Beet vor Terrasse, Rasen vor Pflanzung und dann der Zaun. Eine Gesamtheit, ein geschlossenes Bild kann so nur schwer erreicht werden. Ein gutes Beispiel dafür ist der oben abgebildete Entwurf (Bild 6). Sie wurde mir von einem Gärtner überreicht, der sie nach Kundenwünschen angefertigt hatte. Wichtigster Wunsch dabei: die Verlängerung des Wohnraums in den Garten. Daraus entstand die Positionierung der Terrasse, die nun aber Resträume schafft, Räume die keine ausreichend starke Identität besitzen oder Nutzung nach sich ziehen. Bei der Neuplanung haben wir uns über die Vorgaben des Kunden hinweggesetzt und einen anderen Weg eingeschlagen. Um den Kunden jedoch nicht vor den Kopf zu stoßen, kann es sinnvoll sein, mittels kleiner Skizzen den Weg zur Lösung aufzuzeigen. Der Planer muss den Kunden an der Stelle abholen, an der er mit seinen Ideen steht. Los geht’s mit einer Analyse der Situation. Das Problem ist, das der Garten das Gebäude schlauchförmig umgibt und dadurch ein Durchzugscharakter entsteht. Bezieht man dann die Innenräume in die Analyse ein, wird das Dilemma deutlich. Der Kunde wünscht eine Verlängerung des Wohnraums in den Garten. Dieser Raum liegt jedoch genau in der Mitte – wird er nun in den Garten verlängert, teilt er diesen genau in der Mitte. Übrig bleiben zwei Reststücke, die zu groß für Staudenrabatten und zu klein für eine sinnvolle Nutzung sind. Aufgrund dessen haben wir uns entschieden den Sitzplatz in die Ecke des Gartens zu legen und hier den Schwerpunkt vertieft. Damit dem Kundenwunsch nach der Verlängerung des Wohnraums Rechnung getragen wird, haben wir die umlaufende Wegfläche vor dem Wohnzimmer zu einer Sitzecke erweitert. Ein Höhenunterschied kann – je nach Budget und gestalterischem Anspruch – Problem oder Potenzial sein. In diesem Fall war der Bauherr mit einer aufwendigen Mauerlösung anstelle einer einfachen Böschung einverstanden. Wie die Mauer nun ausgeführt wird, ob in Naturstein, in Blöcken oder baugleich zur Fassade ist keine Frage des Raumkonzepts sondern eine nach der vorherrschenden späteren Atmosphäre. In diesem Fall fiel die Wahl auf die architektonische Lösung um die Einheit zum Haus stärken. Alle weiteren Eingriffe wie Pflanzen und Materialwahl folgen dieser atmosphärischen Idee. Es gibt sicherlich Gestaltungsideen denen das Raumkonzept folgen muss, beispielsweise bei einem Zen-Garten oder einem Bauerngarten. Aber in den meisten Gartengestaltungen steht erst das Raumkonzept – wie es gefüllt wird, minimal oder üppig, wird erst danach entschieden.

Ein Raumkonzept braucht keine Variationen

Wenn einmal ein Raum und eine Ordnung gefunden ist, ist es eigentlich sinnlos weitere Varianten vorzuschlagen. Oft werden mehrere gezeichnet, – so nach dem Motto, wenn die eine nicht gefällt, kann es vielleicht die andere richten. In Wahrheit aber sind mehr als zwei Varianten ein Zeichen von Unsicherheit und verwirren den Kunden wahrscheinlich mehr. Wer ein starkes Argument hat, sollte dies nicht mit unnötigen Varianten und Alternativen schwächen. Ist ein Raumkonstrukt gefunden, geht ab diesem Zeitpunkt darum es zu füllen. Dabei kann es dann sehr wohl Variationen eines Themas geben – spielen sich diese innerhalb des Themas ab, schwächen sie es nicht. Beispielsweise kann es sinnvoll sein, innerhalb eines starken Konzeptes auf teure Einbauten verzichten um die Kosten zu senken und damit die Auftragsaussichten zu erhöhen. Oft genug sagen Kunden: „Ich möchte einen schönen Garten…“ oder, „Ich sage ihnen mal nix, da ich sie nicht beeinflussen möchte“. An dieser Stelle bleibt mir nur der Verweis, dass es sich hier ja nicht um meinen Garten handelt und ich den Entwurfsprozess daher nicht als Selbstzweck sehe. Ich spreche deshalb immer von Lösungen die ich als Entwerfer für und mit Kunden finden kann. Dabei lohnt sich ein hoher Aufwand zu Beginn der Planung – mit einer genauen Definition worum es dem Kunden geht, einem qualifizierten Gestaltungsvorschlag und einer sauberen Präsentation. All dies steigert die Erfolgsquote bei der Akquise und provoziert gute Mundpropaganda.